Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in die Automobilindustrie markiert auch hier einen Wendepunkt für die Fertigungswelt und Industrie 4.0. Wie in allen anderen Wirtschaftsbereichen verspricht KI enorme Potenziale für mehr Effizienz, Innovationen und neue Geschäftsmodelle. Natürlich hat das alles seinen Preis und kommt nicht ohne Herausforderungen und Risiken mit sich. Wir schauen uns Licht und Schatten an in Bezug auf KI und die Automobilindustrie, was das für Fachkräfte bedeutet und stellen abschließend vier zukünftige Szenarien vor, die bald Realität werden oder bereits Teil dieser sind.
Positive Folgen der KI-Integration
Viele von Ihnen wissen bereits über die Möglichkeiten von KI, deswegen halten wir dieses Kapitel eher kurz.
Steigerung der Produktionseffizienz
- Automatisierung von Prozessen: KI ermöglicht die Automatisierung komplexer Fertigungsabläufe, was zu höherer Produktivität und geringeren Fehlerquoten führt.
- Predictive Maintenance: Durch vorausschauende Wartung können Ausfallzeiten minimiert und die Lebensdauer von Maschinen verlängert werden.
Personalisierung und neue Geschäftsmodelle
- Individuelle Fahrzeugkonfiguration: KI erlaubt es, Kund:innen maßgeschneiderte Lösungen anzubieten, was die Kundenzufriedenheit erhöht.
- Datengetriebene Services: Entwicklung neuer Dienstleistungen wie vernetzte Mobilität und personalisierte Angebote.
Optimierung der Lieferkette
- Echtzeit-Überwachung: KI verbessert die Transparenz in der Lieferkette durch kontinuierliche Datenanalyse.
- Effiziente Logistik: Optimierung von Routen und Lagerbeständen durch KI-Algorithmen.
Verbesserung der Produktqualität
- Qualitätskontrolle: KI-gestützte Systeme erkennen Fehler in Echtzeit und ermöglichen sofortige Korrekturen.
- Design und Entwicklung: KI unterstützt Ingenieur:innen bei Simulationen und Datenanalysen, um neuartige Lösungen zu entwickeln. Dazu gehören auch die Verwendung neuer Materialien oder gar die Entwicklung neuer Verbundstoffe.
Mögliche Fallen und Risiken der KI-Implementierung
KI und Autos – was kann da schon schief gehen? Yep, so einiges. Und wir wollen nicht einmal das Thema autonomes Fahren anschneiden, denn hier geht es um die Fertigung.
Ein zentrales Problem stellt eindeutig die Datensicherheit und der Datenschutz dar. Die zunehmende Vernetzung von Produktionsanlagen und Fahrzeugen erhöht die Anfälligkeit für Cyberangriffe. Ransomware lässt grüßen! Unternehmen müssen erhebliche Investitionen in Sicherheitslösungen tätigen und daneben noch strenge Datenschutzgesetze wie die DSGVO einhalten, um sensible Daten zu schützen.
Hohe Implementierungskosten stellen ein weiteres Hindernis dar. Die Integration von KI-Systemen kann mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden sein – und der Return on Investment ist oft ungewiss. Dies ist ein wirtschaftliches Risiko, insbesondere für kleinere Unternehmen. Zudem ist die technologische Komplexität der KI-Systeme eine Herausforderung. Die Integration oder Migration birgt nachgewiesenermaßen immer ein Risiko. Und es besteht die Gefahr, in eine Abhängigkeit von bestimmten Technologieanbietern zu geraten, was die Flexibilität und Innovationsfähigkeit einschränken kann. Dies gilt auch für MES-Systeme (mehr dazu später), bei denen Hersteller oft proprietäre Lösungen anbieten, die eine hohe Bindung erzeugen. Wenn ein Anbieter die Weiterentwicklung einstellt oder Preise erhöht, könnten Unternehmen Schwierigkeiten haben, Alternativen zu finden, ohne hohe Umstellungskosten zu tragen.
Ein oft übersehener, aber kritischer Punkt betrifft die Qualitätssicherung bei KI-basierten Entscheidungen. KI-Systeme können zwar selbstständig Entscheidungen treffen, jedoch können falsche Vorhersagen zu Produktionsausfällen oder Qualitätsproblemen führen. Wenn KI-Systeme falsch konfiguriert sind oder auf fehlerhafte Daten zugreifen, können sie unvorhersehbare Fehler in der Produktion verursachen. Daher sind Fachkräfte gefordert, die sowohl die KI-Modelle entwickeln als auch regelmäßig überwachen, um solche Risiken zu minimieren.
Und nicht zuletzt: Risiko Fachkräftemangel und bestehende Kompetenzlücken. Die neuen Technologien erfordern Fachkräfte mit speziellen Kenntnissen in KI und Datenanalyse, doch es gibt einen Mangel an qualifiziertem Personal in diesem Bereich. Unternehmen sind gefordert, in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu investieren, um Kompetenzlücken weitestgehend zu schließen – auch unabhängig davon, ob Organisationen auf diese Expert:innen Zugriff haben.
Die Zukunft der Automobilindustrie
Auch jenseits der künstlichen Intelligenz ist die Automobilindustrie im stetigen Wandel. Neue Technologien verändern bestehende Prozesse oder ersetzen diese vollständig. Im Folgenden schauen wir uns vier Bereiche an, die aktuell im Umbruch sind oder bereits transformiert sind.
Softwareintegration in der (Automotive-)Produktion
Die Integration von Software in der Automobilproduktion ist ein zentraler Bestandteil. Durch die Vernetzung von Maschinen und Fertigungssystemen entsteht eine flexible, automatisierte Produktion, die auf Effizienz und Anpassungsfähigkeit abzielt.
Damit einher geht ein deutlicher Wandel der Anforderungen an Fachkräfte. Neben klassischem Ingenieurswissen wird ein tiefes Verständnis für digitale Technologien und Softwarelösungen immer wichtiger. Fähigkeiten wie IT-Sicherheit, Datenanalyse und die Beherrschung von Kommunikationsprotokollen (wie OPC UA oder MQTT) sind unerlässlich. Darüber hinaus müssen Ingenieur:innen zunehmend Kenntnisse in der Automatisierungstechnik und Programmierung mitbringen, um Prozesse zu steuern und zu optimieren.
Besonders gefragt sind Expert:innen, die Prozessautomatisierung umsetzen und dafür die Integration von Automatisierungssoftware in bestehende Produktionssysteme meistern können. Kenntnisse in Programmiersprachen, die in der industriellen Automatisierung Anwendung finden (z. B. Python, C++ oder spezielle SPS-Programmiersprachen), sind hier benötigt.
Durch die immer stärkere Digitalisierung und Automatisierung in der Automobilproduktion steigen sowohl die Anforderungen an technisches Wissen als auch an interdisziplinäre Fähigkeiten. Fachkräfte, die diese Kompetenzen vereinen, werden in der neuen Ära der intelligenten Produktion eine zentrale Rolle spielen.
Positionen rund um Softwareintegration
- Automatisierungsingenieur:in
- Produktionsingenieur:in für digitale Systeme
- Industrie-4.0-Softwareentwickler:in
- Mechatronikingenieur:in
- Fertigungstechnologe
- IT-Systemintegrator:in
Cloud-basierte Manufacturing Execution Systeme (MES)
In der modernen Automobilproduktion ist ein zukunftsorientiertes Manufacturing Execution System aus der Cloud ein weiterer Schlüssel zur Optimierung von Prozessen. Ein cloud-basiertes MES bietet Flexibilität, Skalierbarkeit und Echtzeit-Datenanalysen, die herkömmliche, lokal installierte Systeme nicht erreichen können. Es ermöglicht Unternehmen, schneller auf Veränderungen zu reagieren, Auslastungen besser zu steuern und Kosten zu senken, indem es den Bedarf an umfangreicher eigener Hardware reduziert.
Das Handelsblatt betont, dass KI und Robotik die Grundlage für die „Fabrik der Zukunft“ legen, in der Prozesse weitgehend autonom ablaufen. Dies ist ein entscheidender Aspekt bei der Cloud-Integration. Zukünftig könnten MES-Systeme mithilfe von KI automatisch Produktionspläne anpassen, Wartungsarbeiten vorhersagen und Fertigungsprozesse optimieren, ohne dass menschliches Eingreifen erforderlich ist. Hier entsteht eine engere Verzahnung zwischen Cloud-Systemen und KI, was eine noch höhere Effizienz und Flexibilität erlaubt.
Die Integration solcher Systeme stellt aber auch neue Anforderungen an Fachkräfte. Ingenieur:innen müssen nicht nur das technische Know-how zur Wartung und Verwaltung cloudbasierter Systeme besitzen, sondern auch über Kenntnisse im Bereich der Datenanalyse verfügen. Diese Daten sind essenziell, um die volle Leistungsfähigkeit der cloudbasierten MES-Lösungen auszuschöpfen. Zusätzlich müssen sie in der Lage sein, KI-Modelle in Produktionsumgebungen einzubetten, um den Automatisierungsgrad zu steigern.
Darüber hinaus müssen Fachkräfte IT-Sicherheit beherrschen, um die sichere Übertragung und Verarbeitung sensibler Produktionsdaten in der Cloud zu gewährleisten. Fähigkeiten in den Bereichen Cybersecurity und Netzwerkmanagement sind daher ebenso unerlässlich wie ein tiefes Verständnis der Schnittstellen zwischen verschiedenen Systemen, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren.
Positionen rund um Manufacturing Execution Systeme
- MES-Engineer (Spezialisierung auf die Cloud)
- Cloud Solutions Architect
- IT-Infrastrukture Engineer
- Data Analyst für Produktionssysteme
- Cybersecurity Specialist für Produktionssysteme
- Cloud Integration Specialist
No-Code und Low-Code
No-Code- und Low-Code-Plattformen transformieren die Automobilproduktion, indem sie Fachkräften ohne tiefgehende Programmierkenntnisse ermöglichen, eigene Anwendungen zu entwickeln. Diese Tools beschleunigen die Implementierung von Automatisierungsprozessen und senken die Abhängigkeit von spezialisierten IT-Expert:innen. Für Industrie 4.0 bieten sie einen bedeutenden Vorteil, da sie es Ingenieur:innen und Produktionsmitarbeitenden erlauben, schnell auf betriebliche Herausforderungen zu reagieren und Lösungen zu entwickeln.
Die Fähigkeit, mit diesen Plattformen umzugehen, steigt. Ingenieur:innen müssen die Grundlagen von No-Code- und Low-Code-Tools verstehen, um Prozessautomatisierungen und Systemanpassungen ohne umfangreiche IT-Unterstützung selbst durchzuführen. Gleichzeitig erweitern diese Plattformen die digitale Kompetenz der Belegschaft und senken die Einstiegshürde für innovative Anwendungen.
Obwohl tiefe Programmierkenntnisse nicht erforderlich sind, bleibt ein grundlegendes Verständnis von Logik, Datenstrukturen, Programm- und Prozessdesign essenziell. Fachkräfte, die diese Tools beherrschen, können die Wirksamkeit in der vernetzten Produktion erhöhen.
Positionen rund um No-Code und Low-Code
- Process Automation Engineer
- No-Code/Low-Code-Entwickler
- Produktionsplaner:in mit Fokus auf Prozessdigitalisierung
- Fachkraft für Prozessautomatisierung
Ganzheitliche Betrachtung der KI-Sicherheit
Wie bereits angemerkt, ist Sicherheit von KI in der Automobilproduktion ein zentrales Thema der Industrie 4.0. Mit der zunehmenden Integration von KI in Produktionsprozesse und vernetzte Fahrzeuge steigt das Risiko für Cyberangriffe und Sicherheitslücken erheblich. Eine umfassende Sicherheitsstrategie muss daher alle Aspekte abdecken – von der Datenverarbeitung bis hin zu den Maschinen selbst.
Für Fachkräfte bedeutet das, dass neben dem technischen Verständnis für KI auch tiefgehende Kenntnisse in IT-Sicherheit und Datenschutz erforderlich sind. Ingenieur:innen und IT-Spezialist:innen müssen sicherstellen, dass die KI-Systeme sowohl vor externen Angriffen geschützt sind als auch intern transparent und nachvollziehbar agieren. Hierfür sind Fähigkeiten in der Verschlüsselung, sicheren Datenübertragung und der Implementierung von Sicherheitsprotokollen kritisch.
Positionen rund um KI-Sicherheit:
- AI Security Engineer
- Cybersecurity Specialist für KI
- IT-Sicherheitsexpert:in für autonome Systeme
- KI-Risikoanalyst:in
- Systemarchitekt:in für KI-Sicherheit
Fazit
Die Automobilindustrie betritt die neue Ära, die von KI und Vernetzung geprägt ist. Fachkräfte in der Produktion müssen sich einmal mehr auf neue Technologien und digitale Werkzeuge einstellen, von No-Code- und Low-Code-Plattformen bis hin zu cloudbasierten MES-Systemen. Gleichzeitig ist KI-Sicherheit von hoher Bedeutung, um die Risiken der digitalen Transformation zu minimieren. Wer diese Kompetenzen vereint, wird die Zukunft der Automobilproduktion maßgeblich mitgestalten.